Warum es in meiner Praxis keine „Roboter“ geben wird
Die moderne Implantologie ist das Ergebnis von Innovationen, die meist in zahnärztlichen Praxen und durch niedergelassene Zahnärzte entstanden sind – bis hin zur Entwicklung ganzer Implantatsysteme.
Moderne Verfahren ermöglichen heute die optimale Versorgung auch bei denjenigen Patienten, deren anatomische Ausgangssituation den Chirurgen vor Jahren noch vor erhebliche Probleme stellte. Diagnostisches Wax-up, Röntgenschablonen und Bohrlehren sind schon lange bekannte Hilfsmittel, um den chirurgischen Eingriff gemäß prothetischer Planung durchzuführen. Die damit erzielbare Präzision ist sehr hoch. In schwierigen Fällen hilft die dreidimensionale Darstellung durch die computergesteuerten Röntgenverfahren. Das Computertomogramm lässt heute alle für die Implantologie relevanten Strukturen genau analysieren und visualisieren. Diese Aufnahmetechnik hat allerdings ihren Preis. Deshalb vertritt niemand ernsthaft die Meinung, dass auch bei „Standardfällen“ ein CT benötigt oder gerechtfertigt ist. Gleiches muss für den Einsatz von Robotern gelten.
Ich gebe gerne zu, dass ich, wie viele Zahnärztinnen und Zahnärzte in technische Neuerungen verliebt bin. Aber ich wehre mich dagegen, dass durch Medienberichte in der Öffentlichkeit langsam der Eindruck entsteht, dass Implantologie und Roboter inzwischen fest zusammen gehören. Dahinter stecken sicher die Technikgläubigkeit des Journalisten und die Sensationsgier des Publikums. Natürlich ist die Unterstützung durch einen „Roboter“ bei komplizierten Fällen sinnvoll – schwierige Fälle sind aber eben per se nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Vielleicht liegt es daran, dass ich in einer Kleinstadt tätig bin, aber bei uns in der Praxis sind Ausnahmen wirklich außerordentlich selten. Unter den ca. 500 Fällen mit ungefähr 1200 Implantaten pro Jahr vermisse ich den „Roboter“ nur ca. 1 – 2 mal im Jahr.
Implantologie ist ein schwieriger Bereich der Zahnheilkunde, aber eine normale Aufgabe für den routinierten Behandler in seiner Praxis. Die wichtigste Voraussetzung für den Behandlungserfolg ist, dass der Implantologe sein Fachgebiet beherrscht – nicht die Ausstattung der Praxis mit Großgeräten wie im OP einer Universität. Solange das Setzen von Implantaten eine Aufgabe für jeden qualifizierten Zahnarzt in eigener Praxis bleiben soll, solange müssen der Aufwand, die Kosten und der Nutzen nüchtern kalkuliert werden. Die Anwendung von Technik bedeutet dabei nicht deren Einsatz bei (fast) jedem Patienten, sondern den selektiven Einsatz, wenn er unerlässlich ist. Damit rechnet sich der „Roboter“ aber nur in großen Zentren, nämlich dort, wo extrem schwierige Fälle operiert werden.
Ich wünschte mir, dass der „Roboter“ nicht mit Behandlungsqualität gleichgesetzt wird. Denn prothetische Planung, atraumatisches Operieren ohne Aufklappung und präzises Setzen der Implantate mit Bohrschablone sind längst Standard in den Praxen ohne Navigationsverfahren.
Ich wünschte mir den „Roboter“ in der klinischen Aus- und Fortbildung. Denn mit diesem Verfahren kann die Operation simuliert und die Lernkurve verbessert werden.
Und ich wünschte mir den „Roboter“ in Zentren für die Operation extrem schwieriger Fälle. Für die „tägliche“ Anwendung in der Praxis ist der „Roboter“ noch viel zu teuer. Wenn er erschwinglich wird, hole ich ihn mir gern –
als Hilfsmittel und nicht als Marketinginstrument.